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Sonntag, 04.08.2013, 12:07:58

Familienplanungszentrum BALANCE (Hrsg.): Die neue Radikalität der Abtreibungsgegner_innen im (inter-)nationalen Raum

Kurzrezension

»Endlich gibt es dieses Buch«, so eröffnet Jutta Ditfurth in ihrem Vorwort den vom Familienplanungszentrum BALANCE herausgegebenen Band, der nicht nur die Aktivitäten radikaler Abtreibungsgegner_innen detailliert dokumentiert, sondern auch juristische Auseinandersetzungen mit ihnen beschreibt und Gegenmaßnahmen vorstellt. Hierbei kommen vor allem die Aktivitäten – es lässt sich durchaus auch von Umtrieben sprechen – radikal-fundamentalistischer evangelikaler Christ_innen zur Sprache, die, so wird deutlich, keinesfalls »pro life« sind, sondern das ungeborene Leben im eigenen Machtinteresse instrumentalisieren. Die Relevanz dieses Sammelbandes wird umso deutlicher, als er darlegt, dass wir es hier nicht mit vereinzelten religiös motivierten Radikalen zu tun haben, sondern dass diese eine gut vernetzte lebensfeindliche Politik betreiben, die, wenn auch (noch) nicht in der viel zitierten »Mitte der Gesellschaft«, so doch bereits tief in den Parlamenten angekommen ist. Mit ihrer sich hinter dem Deckmantel des Glaubens tarnenden, aber eigentlich gouvernemental-neoliberalen Strategie, die Reproduktion als Machtdispositiv zu installieren, stoßen die Abtreibungsgegner_innen gerade bei rechts-konservativen Politiker_innen durch alle Fraktionen hindurch auf offene Ohren. Im Vergleich hierzu erscheint die Frauen- und Familienpolitik Kristina Schröders (Danke, emanzipiert sind wir selber!) fast schon liberal-progressiv.

Keine Frage also, dass es an der Zeit ist, Wissen(-swertes) über diese Thematik in einer Veröffentlichung kompakt zu bündeln, um einen gut vernetzten Widerstand zu organisieren. Dennoch gibt es auf der Ebene des editorischen Vorgehens auch Anlass zur Kritik. So stellt sich ungefähr ab der Hälfte des Buches eine gewisse Redundanz ein, da die einzelnen Artikel sich inhaltlich stark überschneiden. Auch wird der im Titel angesprochene internationale Raum kaum berücksichtigt. Es ist auffällig, wie stark der Band in der deutschen Politik angesiedelt ist. Hinsichtlich der Gegenmaßnahmen findet sich leider nur ein einziger Artikel im Umfang von lediglich drei Seiten, der dem gleichnamigen Unterkapitel wirklich entspricht. Hier beschreibt Kirsten Achtelik aktivistische Praxis gegen die Aufmärsche von Abtreibungsgegner_innen und gibt gute Vorschläge zur Beantwortung der Frage, die sich nach der Lektüre der Texte mit Nachdruck stellt: Was tun?

Familienplanungszentrum BALANCE (Hrsg.): Die neue Radikalität der Abtreibungsgegner_innen im (inter-)nationalen Raum. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher 2012, 94 S.

von senest | permalink