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Montag, 21.01.2013, 12:00:27

Christine Resch: Schöner Wohnen

Kurzrezension

Der Titel macht neugierig. Pierre Bourdieus Die feinen Unterschiede zu aktualisieren, um das kritische Potential dieser Studie in aktuellen Kontexten zu nutzen, scheint dringend geboten. Damit ließe sich der Vereinnahmung dieser Arbeit durch die neoliberale Propaganda der Lebensstilforschung entgegenwirken. Die Aktualisierung am Exempel von Wohnpraktiken ist insofern interessant, als nicht nur RTL erkannt hat, dass der Einsatz in vier Wänden vor allem eine Möglichkeit sozialer Distinktion durch Konsum ist. Denn mittlerweile sind alle kulturellen Sparten im Sinne einer erweiterten Kulturindustrie waren- und verwaltungsförmig. Christine Reschs Studie könnte also, wie ihre bisherigen Beiträge zur Kritischen Theorie, die Verhältnisse bloßlegen, die sie auseinandernehmen will – sie tut es jedoch nicht. (mehr …)

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Donnerstag, 13.12.2012, 11:58:02

Word up!

Sprachliche Preziosen in Miami Vice (II)

Und weiter geht’s! Diesmal mit einer Folge aus der dritten Staffel, die es zur Abwechslung mit politischen, kontroversen Themen versucht. Ein Paradebeispiel hierfür ist »Liebe und Tod« (im Original noch pathetischer: »When Irish Eyes Are Crying«), wo gleich zu Beginn John Lennons Imagine missbraucht wird, um das Pathos zu heben, was glücklicherweise nicht allzu lange gelingt: Denn zur Dekonstruktion benötigt Miami Vice keinen Jacques Derrida, das erledigt die Serie – wie so oft – zuverlässig selbst.

Sean Carroon (vor Publikum): »Die gesamte Presse, die Politiker, alle protestieren sie gegen das Apartheidssystem in Südafrika und die russische Invasion von Afghanistan. Aber ich will Ihnen mal etwas sagen: Das krasseste Beispiel für Kolonialismus in der heutigen Welt ist der Stiefelabsatz der britischen Regierung auf der Gurgel des katholischen Volkes von Nordirland.«
Stan Switek (im Abhörwagen): »Wichtiges Waffengeschäft – so’n Blödsinn. Stattdessen nur dämliches Gequatsche.«

Miami Vice (1986): »Liebe und Tod« (S03E02)

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Mittwoch, 05.12.2012, 11:55:22

Word up!

Sprachliche Preziosen in Miami Vice

Miami Vice ist ja eine spaßige Serie. Dies liegt zu einem Gutteil an der talentierten deutschen Dialogregie, die immer wieder sprachliche Preziosen von unvergleichlicher Strahlkraft hervorbringt. Und wer behauptet, diese Serie sei ideologiefreier postmoderner Quatsch mit Soße, soll sich nicht nur von Douglas Kellner eines besseren belehren lassen, sondern die Lauscher aufsperren. Grund genug also, hier in loser Folge die schnittigsten Wortwechsel zu veröffentlichen – das Internet ist schließlich noch nicht voll genug.

Sonny Crockett (zu Manuel Guerrero): »Dies ist Amerika, mein Freund. Wir machen hier keine Bananenpolitik.«
Blanca Sandoval: »Nein, zu Hause nicht. Aber Sie exportieren sie von hier aus.«
Sonny Crockett: »Ich bin gern bereit die Frage irgendwann mal mit Ihnen zu diskutieren. Aber jetzt versuchen wir gerade, Ihren Vater am Leben zu erhalten.«

Miami Vice (1986): Im Fadenkreuz (S02E20)

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Montag, 23.07.2012, 11:52:43

the Little Band from Gingerland – Time out Time

Kurzrezension

Ein gelungenes Debüt präsentiert nicht nur die Stärken einer Band, hier ist auch Platz für das, was (noch) nicht so gut gelingt. Denn schließlich dokumentiert ein Debüt die vorläufigen Resultate eines Kennenlernens. Es ist eben kein Spätwerk, das ein lange währendes Künstler_innenschaffen zur Perfektion zu bringen versucht. Wichtig für ein gelungenes Debüt sind daher vor allem frische Ideen, Energie, und dass man neugierig wird auf das, was da noch kommt. (mehr …)

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Montag, 23.07.2012, 11:46:53

Orchids: My Intersex Adventure

Rezension

Bis vor Kurzem trug Phoebe Hart ein gut gehütetes Geheimnis mit sich. Doch nun hat sie etwas mitzuteilen: Obwohl ihr Körper als weiblich wahrgenommen wird, trägt sie männliche Chromosomen in sich – Phoebe hat das Androgen Insensitivity Syndrome (AIS). Ein Syndrom, das mit einer statistischen Häufigkeit von 1:20.000 auftritt; ein Syndrom, über das in Phoebes Familie nicht gesprochen wurde; und ein Syndrom, das nach Meinung der ÄrztInnen, die Phoebe konsultiert, ein so großes Stigma bedeutet, dass sich keine/-r der Betroffenen outen möchte. Doch Phoebe ist fest dazu entschlossen, endlich Klarheit darüber zu erlangen, wer sie »wirklich ist«. Dazu bedarf es klärender und identitätsstiftender Gespräche mit der Familie, mit FreundInnen und mit anderen Menschen mit AIS, die übrigens gar nicht so selten sind, wie uns die Statistik glauben machen will. Innerhalb von Sekunden findet Phoebe im Internet so viele Geschichten über AIS, das ein Verhältnis von 1:20.000 nicht mehr so fern und abstrakt wirkt, sondern ganz konkret wird. (mehr …)

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